13KGHT73 Mogel-Mobil oder klimafreundliches Gefährt?
Mogel-Mobil oder klimafreundliches Gefährt? Die Sache mit dem Plug-in-Hybrid

Mogel-Mobil oder klimafreundliches Gefährt? Die Sache mit dem Plug-in-Hybrid


Des Deutschen liebstes Kind ist auch nur ein Mittel zum Zweck. Doch Lieblingsstück hin, Gebrauchsgegenstand her – seit etwas über zehn Jahren wird das Autofahren grüner, der Elektronik sei Dank. Dieser Fortschritt ist wichtig, immerhin macht der Verkehr fast 30 Prozent aller CO2-Emissionen in der EU aus. Allerdings stehen gerade Plug-in-Hybride seit einiger Zeit immer mehr in der Kritik. Sie würden den Verkehr nicht sauberer machen, sondern eher anderen Zwecken dienen. Und was das Nutzungsverhalten angeht, hört man von Beteuerungen, nach denen beispielhaft an der Steckdose aufgeladen wird, genauso wie von Berichten über gebrauchte Plug-ins, in deren Kofferraum das Ladekabel noch immer originalverpackt herumlag.

Fährt man mit einem Plug-in wirklich grüner oder ist es doch nur ein Mogel-Mobil, welches für ein gutes Gewissen sorgt und staatliche Förderung ins Sparschwein fließen lässt? Eine Frage, die nicht unbedingt leicht zu beantworten, aber es dennoch wert ist, sich näher mit ihr zu beschäftigen.

 

Zwei Motoren, zwei Sichtweisen

Im Gegensatz zu einem E-Auto, bei dem der Antrieb nur elektrisch erfolgt, sind Plug-in-Hybride zusätzlich zum Elektromotor auch mit einem konventionellen Verbrennungsmotor (Benzin, Diesel) ausgestattet. Sie verfügen also über zwei Antriebssysteme. Außerdem können Plug-ins an der heimischen Steckdose geladen werden, was bei E-Autos meist nicht machbar ist bzw. nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die meisten „Halb-Stromer“ haben auch eine längere Reichweite, als E-Autos. Diese liegt bei ca. 40 bis 60 km ohne Verbrenner. So weit, so super. Niemand muss panisch nach einer Ladesäule suchen, die neue Art des Fahrens kann kommen.

Die Autobranche feiert Plug-ins als „das Beste aus zwei Welten“. Der Europäische Dachverband „Transport & Environment“ – zu dem auch der NABU gehört – zeigt sich da weniger euphorisch.  Er gab Tests in Auftrag, bei denen drei beliebte Plug-in Modelle unter realen Bedingungen geprüft wurden, in der Stadt, auf dem Land und auf der Autobahn. Trotz optimaler Testbedingungen und voller Batterie übertrafen die CO2-Emissionen der Wagen die offiziellen Herstellerangaben von 28 bis 89 Prozent; bei leerer Batterie lagen sie um das drei- bis achtfache höher. Laut Schätzungen der T&E sind dann 11 bis 23 km Fahrt im Verbrenner-Modus ausreichend, um den offiziellen CO2-Wert pro Kilometer zu überschreiten. Diese Erkenntnisse stehen im Widerspruch zu den Aussagen der Hersteller, dass sich die zurzeit erhältlichen Plug-ins für längere Fahrten eignen.

Stef Cornelis, Experte bei T&E, sagt dazu: „Plug-in-Hybride werden nicht für einen sauberen Betrieb im Straßenverkehr, sondern zur Ausschöpfung der staatlichen Förderung ... gebaut.“ Laut Cornelis sollten die „Fake-E-Fahrzeuge“ keine Subventionen erhalten. Die Deutsche Umwelthilfe kommentiert in ihrer Pressemitteilung die Studie von T&E wie folgt: „Es ist der [Automobilindustrie] gelungen, ... eine absurde CO2-Rechenmethodik durchzusetzen .... Die Abweichungen der realen CO2-Emissionen liegen bereits bei reinen Verbrenner-Pkw in der Spitze bei nicht akzeptablen 60 Prozent. Bei Plug-in-Verbrennern ist der Unterschied im Verbrenner-Betrieb sogar bis zu 800 Prozent.“ Übrigens sind in diesen Rechnungen noch nicht die Emissionen berücksichtigt, die anfallen, um die Batterie überhaupt herzustellen.

Das zeigt: Plug-ins sind nicht grundsätzlich umweltfreundlicher als Verbrenner, aber auch nicht zwangsläufig schlechter. Abhängig von Fahrverhalten und Motorisierung hat ein Plug-in mitunter einen höheren CO2-Ausstoß bzw. Kraftstoffverbrauch als ein konventioneller Verbrenner. Strategieberater Andreas Radics bezeichnet die Halb-Stromer als „Link zwischen alter Verbrenner- und neuer E-Mobilitätswelt.“ Eine Einschätzung, die hinkommen könnte.

 

Alles eine Frage des Ladeverhaltens

Bis dahin hängt die Umweltfreundlichkeit der Plug-ins eben auch vom Benutzer ab. Dieser sollte in der Stadt, beim Pendeln oder auf anderen Kurzstrecken auf eine rein elektrische Fahrweise setzen. Regelmäßiges Aufladen ist also unabdingbar. Wer den Sprit im Tank eher als Puffer für eine größere Reichweite betrachtet und das Potenzial des Hybrids richtig zu nutzen weiß, kann emissionsfrei (oder -arm) fahren und Sprit sparen. Wer hingegen ausschließlich mit Benzin unterwegs ist und überwiegend lange Autobahnstrecken fährt, verbraucht allein schon durch das höhere Gewicht mehr.

Der Verband der internationalen Kraftfahrzeughersteller betont den richtigen Umgang mit Plug-ins: „[Sie] leisten einen erheblichen Beitrag zur CO2-Reduzierung, wenn sie bestimmungsgemäß genutzt werden…. Richtig ist, dass ihr Beitrag zur Treibhausgasreduzierung von der tatsächlichen Nutzung abhängt. Wer die elektrische Reichweite ausschöpft und täglich Ökostrom lädt, kann nahezu 100 Prozent klimaneutral fahren.“ Und nach dem Verband der Automobilindustrie (VDA) sei die Klimafreundlichkeit der Plug-ins nicht zu bestreiten. Hinter Kritiken wie der von der Umwelthilfe stünde der Versuch, die moderne Art des Antriebes zu diffamieren. Plug-ins seien „nachweislich ohne Emissionen auf Strecken bis zu 70 Kilometern unterwegs, sofern die E-Akkus geladen seien.“ Damit die neue Generation aber ihre „volle Wirkung entfalten könne“, müsse die Infrastruktur des Ladens schnell und flächendeckend in ausgebaut werden.

Bezüglich der richtigen Nutzung bedarf es bei den Fahrern wohl noch ein wenig Übung. So fand das Fraunhofer-Institut in einer Studie heraus, dass mit privaten Plug-ins nur 37 % der Kilometer elektrisch gefahren werden und mit gewerblich genutzten Wagen sogar lediglich 20 %.

 

Spritschlucker im grünen Lack

Damit wären die Automobilhersteller wohl ein bisschen aus dem Schneider. Können sie doch nichts dafür, dass ihre Kunden nicht grün und zu oft mit Verbrenner fahren. Dennoch fehlt es bei den meisten Modellen an der nötigen Leistung, an Ladegeschwindigkeit oder auch an Reichweite. Ob es daran liegt, dass es für die Hersteller praktisch ist, den Elektroantrieb einfach zusätzlich in bestehende Modelle einzubauen? Jedenfalls entstehen auf diese Weise geringere Produktionskosten im Vergleich zu Elektroautos und die Plug-ins können mit mehr Gewinn verkauft werden.

Auffällig oft sind diese Hybride in SUV-Varianten erhältlich. Autos, die sowieso schon mit hohem Fahrzeuggewicht daher fahren, werden durch das hinzukommende Gewicht von Elektromotor und Batterie noch schwerer. Auto Motor & Sport hat einen Plug-in-SUVs genauer unter die Lupe genommen. Auch hier stößt man auf abweichende CO2-Werte. Der vom Hersteller angegebene Verbrauch von 2,0 l/100 km kam im Testergebnis nicht hin. Hier waren es 9,7 l/100 km. Der angegebene CO2-Wert verändert sich dadurch von 46 g pro Kilometer auf tatsächliche 226 g/km. Allerdings finden sich auch hier Hinweise zum Lade- bzw. Fahrverhalten wieder. Würde man den SUV alle 30 bis 40 km für ein, zwei Stunden aufladen, so würde man mit nahezu unmerklichem Benzinverbrauch fahren. Das andere Extrem würde sich bei Tempoliebhabern zeigen: Da können schon 12 l auf 100 km zusammenkommen. Die Zeitschrift bringt es dann ganz gut auf den Punkt: „Auf die klassische Frage, „was er denn so schluckt“, gibt es gibt so viele Antworten, wie es Fahrprofile gibt, unendlich viele also.“

Da stellt sich die Frage, ob es den Herstellern um Sparsamkeit geht oder eventuell doch um Coolness und Leistung. Die Antwort darauf können sie wohl nur selbst geben. Aber da ist ja noch die Sache mit dem Flottengrenzwert.

 

Ziemlich Grenzwertig – CO2-Limits und fantasievolle Messungen

Das muss man nämlich auch wissen: Die EU hat einen Flottengrenzwert festgelegt. Dabei handelt es sich um einen europäischen CO2-Grenzwert, der zum Klimaschutz beitragen und die Emissionen im Verkehr reduzieren soll. Dieses Limit gilt für den Durchschnitt aller neu zugelassenen Fahrzeuge (PKWs und leichte Nutzfahrzeuge) in der EU und liegt bei 95 g CO2 pro Kilometer. D. h. nicht jedes einzelne neue Auto muss diesen Grenzwert einhalten.

Allerdings müssen sich die Autohersteller bei der Produktion an das Limit halten. Falls sie das nicht tun, sollten sie sich auf Strafzahlungen von mehreren Milliarden Euro einstellen. Die festgelegte Strafe pro Auto liegt bei pauschal 95,00 EUR für ein Gramm CO2-Überschreitung.

Die niedrigen CO2-Emissionen auf dem Papier kommen der Autoindustrie äußerst gelegen. Sie bringen mehr Elektrofahrzeuge auf den Markt, um den eigenen Flottenwert zu drücken und Strafzahlungen zu entgehen. Dabei ist es möglich, teilelektrische und rein elektrische Fahrzeuge gleich mehrfach in der Gesamtbilanz anzurechnen. Verkaufen die Hersteller relativ wenig Elektroautos und Plug-ins, reicht das, um den Flottenwert zu verbessern. Dies soll ihnen einen Anreiz geben, solche Fahrzeuge verstärkt zu produzieren.

Um zu ermitteln, ob ein Auto die Grenzwerte für Abgase einhält und wie viel Kraftstoff es verbraucht, gelten genormte Prüfverfahren, die vom Gesetzgeber vorgeschrieben sind – und die viel Spielraum für Fantasie geben. Deswegen weisen Plug-ins laut Herstellerangaben einen niedrigen Verbrauch und CO2-Wert auf. Doch die Messungen sind fragwürdig und erfolgen im Labor zweimal: Zunächst mit einer vollen Batterie, anschließend mit einer leeren. Heraus kommen zwei verschiedene Verbrauchswerte. Diese werden wiederum auf Grundlage der elektrischen Reichweite anders gewichtet. Der Gesetzgeber nimmt an, dass ein Plug-in, dessen Batterie mehr Kapazität aufweist, öfter elektrisch unterwegs ist und hat dafür noch zusätzliche Faktoren definiert. Klingt kompliziert? Ist es auch. So sehr, dass die Autokonzerne Fachabteilungen allein für die Berechnungen einsetzen.

Wenig hilfreich ist dabei die Pauschalisierung: Bestimmte Arten von Kraftstoffen oder Antrieben werden als ausschließlich positiv oder negativ gewertet. Motorleistung, Gewicht und Größe bleiben in den Berechnungen unberücksichtigt. So wird beispielsweise nicht differenziert, ob es sich um einen sportlichen Kleinwagen oder schweren SUV handelt. Hier wäre es angebracht, die Berechnungen zu optimieren. Etwa wie in Japan, wo die sogenannten Kei Cars bestimmte Längen- und Breitenmaße sowie PS-Zahlen nicht überschreiten dürfen.

Dieses Berechnungs-Chaos kritisiert die Deutsche Umwelthilfe und fordert, die tatsächlichen Emissionen eines Fahrzeugs als Grundlage dafür zu nehmen, die Klimafreundlichkeit zu bewerten.

Auch hinsichtlich der Förderungen wäre es ratsam, diese nicht an die Umweltfreundlichkeit auf dem Papier zu koppeln, sondern an das Nutzungsverhalten im Alltag. Das findet auch Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des Umweltverbandes VCD und sagt: „Nur wer regelmäßig lädt, hat ein Recht auf den Zuschuss.“ Seine Idee dazu: bei der Hauptuntersuchung den Bordcomputer auszulesen.

Sind Plug-ins denn nun klimafreundlich oder Mogel-Mobile? Kommt drauf an. Man kann dieser „Brückentechnologie“ mit gesunder Kritik begegnen und hat man eines dieser Fahrzeuge, sollte es auf jeden Fall in der richtigen Weise benutzt werden. Man fährt nicht grün, bloß weil ein elektrischer Motor an Bord ist. Das wäre ja so, als würde man immer neue Plastik-Zahnbürsten in seinen Bambus-Becher stellen und davon ausgehen, so den Badezimmer-Müll zu reduzieren.

Die richtigen Dinge müssen in der richtigen Weise genutzt werden – das wäre klimafreundlich. Vielleicht erkennen das Hersteller und Gesetzgeber ja auch noch.

 

Quellen:

bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Luft/zusammenfassung_co2_flottengrenzwerte.pdf

transportenvironment.org/press/potenziell-neuer-emissionsskandal-plug-hybride-nachweislich-umweltsch%C3%A4dlicher-als-behauptet

www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/autokatalog/marken-modelle/auto/plug-in-hybrid/

www.zeit.de/mobilitaet/2019-08/verkehrswende-hybridautos-elektromotor-nachhaltigkeit-umweltschutz

bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/mobilitaet/mobilitaet_plug-in-hybride_fakten.pdf

auto-motor-und-sport.de/test/audi-q5-55-tfsi-e-quattro-mercedes-glc-300-e-4matic/


Des Deutschen liebstes Kind ist auch nur ein Mittel zum Zweck. Doch Lieblingsstück hin, Gebrauchsgegenstand her – seit etwas über zehn Jahren wird das Autofahren grüner, der Elektronik sei Dank. Dieser Fortschritt ist wichtig, immerhin macht der Verkehr fast 30 Prozent aller CO2-Emissionen in der EU aus. Allerdings stehen gerade Plug-in-Hybride seit einiger Zeit immer mehr in der Kritik. Sie würden den Verkehr nicht sauberer machen, sondern eher anderen Zwecken dienen. Und was das Nutzungsverhalten angeht, hört man von Beteuerungen, nach denen beispielhaft an der Steckdose aufgeladen wird, genauso wie von Berichten über gebrauchte Plug-ins, in deren Kofferraum das Ladekabel noch immer originalverpackt herumlag.

Fährt man mit einem Plug-in wirklich grüner oder ist es doch nur ein Mogel-Mobil, welches für ein gutes Gewissen sorgt und staatliche Förderung ins Sparschwein fließen lässt? Eine Frage, die nicht unbedingt leicht zu beantworten, aber es dennoch wert ist, sich näher mit ihr zu beschäftigen.

 

Zwei Motoren, zwei Sichtweisen

Im Gegensatz zu einem E-Auto, bei dem der Antrieb nur elektrisch erfolgt, sind Plug-in-Hybride zusätzlich zum Elektromotor auch mit einem konventionellen Verbrennungsmotor (Benzin, Diesel) ausgestattet. Sie verfügen also über zwei Antriebssysteme. Außerdem können Plug-ins an der heimischen Steckdose geladen werden, was bei E-Autos meist nicht machbar ist bzw. nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die meisten „Halb-Stromer“ haben auch eine längere Reichweite, als E-Autos. Diese liegt bei ca. 40 bis 60 km ohne Verbrenner. So weit, so super. Niemand muss panisch nach einer Ladesäule suchen, die neue Art des Fahrens kann kommen.

Die Autobranche feiert Plug-ins als „das Beste aus zwei Welten“. Der Europäische Dachverband „Transport & Environment“ – zu dem auch der NABU gehört – zeigt sich da weniger euphorisch.  Er gab Tests in Auftrag, bei denen drei beliebte Plug-in Modelle unter realen Bedingungen geprüft wurden, in der Stadt, auf dem Land und auf der Autobahn. Trotz optimaler Testbedingungen und voller Batterie übertrafen die CO2-Emissionen der Wagen die offiziellen Herstellerangaben von 28 bis 89 Prozent; bei leerer Batterie lagen sie um das drei- bis achtfache höher. Laut Schätzungen der T&E sind dann 11 bis 23 km Fahrt im Verbrenner-Modus ausreichend, um den offiziellen CO2-Wert pro Kilometer zu überschreiten. Diese Erkenntnisse stehen im Widerspruch zu den Aussagen der Hersteller, dass sich die zurzeit erhältlichen Plug-ins für längere Fahrten eignen.

Stef Cornelis, Experte bei T&E, sagt dazu: „Plug-in-Hybride werden nicht für einen sauberen Betrieb im Straßenverkehr, sondern zur Ausschöpfung der staatlichen Förderung ... gebaut.“ Laut Cornelis sollten die „Fake-E-Fahrzeuge“ keine Subventionen erhalten. Die Deutsche Umwelthilfe kommentiert in ihrer Pressemitteilung die Studie von T&E wie folgt: „Es ist der [Automobilindustrie] gelungen, ... eine absurde CO2-Rechenmethodik durchzusetzen .... Die Abweichungen der realen CO2-Emissionen liegen bereits bei reinen Verbrenner-Pkw in der Spitze bei nicht akzeptablen 60 Prozent. Bei Plug-in-Verbrennern ist der Unterschied im Verbrenner-Betrieb sogar bis zu 800 Prozent.“ Übrigens sind in diesen Rechnungen noch nicht die Emissionen berücksichtigt, die anfallen, um die Batterie überhaupt herzustellen.

Das zeigt: Plug-ins sind nicht grundsätzlich umweltfreundlicher als Verbrenner, aber auch nicht zwangsläufig schlechter. Abhängig von Fahrverhalten und Motorisierung hat ein Plug-in mitunter einen höheren CO2-Ausstoß bzw. Kraftstoffverbrauch als ein konventioneller Verbrenner. Strategieberater Andreas Radics bezeichnet die Halb-Stromer als „Link zwischen alter Verbrenner- und neuer E-Mobilitätswelt.“ Eine Einschätzung, die hinkommen könnte.

 

Alles eine Frage des Ladeverhaltens

Bis dahin hängt die Umweltfreundlichkeit der Plug-ins eben auch vom Benutzer ab. Dieser sollte in der Stadt, beim Pendeln oder auf anderen Kurzstrecken auf eine rein elektrische Fahrweise setzen. Regelmäßiges Aufladen ist also unabdingbar. Wer den Sprit im Tank eher als Puffer für eine größere Reichweite betrachtet und das Potenzial des Hybrids richtig zu nutzen weiß, kann emissionsfrei (oder -arm) fahren und Sprit sparen. Wer hingegen ausschließlich mit Benzin unterwegs ist und überwiegend lange Autobahnstrecken fährt, verbraucht allein schon durch das höhere Gewicht mehr.

Der Verband der internationalen Kraftfahrzeughersteller betont den richtigen Umgang mit Plug-ins: „[Sie] leisten einen erheblichen Beitrag zur CO2-Reduzierung, wenn sie bestimmungsgemäß genutzt werden…. Richtig ist, dass ihr Beitrag zur Treibhausgasreduzierung von der tatsächlichen Nutzung abhängt. Wer die elektrische Reichweite ausschöpft und täglich Ökostrom lädt, kann nahezu 100 Prozent klimaneutral fahren.“ Und nach dem Verband der Automobilindustrie (VDA) sei die Klimafreundlichkeit der Plug-ins nicht zu bestreiten. Hinter Kritiken wie der von der Umwelthilfe stünde der Versuch, die moderne Art des Antriebes zu diffamieren. Plug-ins seien „nachweislich ohne Emissionen auf Strecken bis zu 70 Kilometern unterwegs, sofern die E-Akkus geladen seien.“ Damit die neue Generation aber ihre „volle Wirkung entfalten könne“, müsse die Infrastruktur des Ladens schnell und flächendeckend in ausgebaut werden.

Bezüglich der richtigen Nutzung bedarf es bei den Fahrern wohl noch ein wenig Übung. So fand das Fraunhofer-Institut in einer Studie heraus, dass mit privaten Plug-ins nur 37 % der Kilometer elektrisch gefahren werden und mit gewerblich genutzten Wagen sogar lediglich 20 %.

 

Spritschlucker im grünen Lack

Damit wären die Automobilhersteller wohl ein bisschen aus dem Schneider. Können sie doch nichts dafür, dass ihre Kunden nicht grün und zu oft mit Verbrenner fahren. Dennoch fehlt es bei den meisten Modellen an der nötigen Leistung, an Ladegeschwindigkeit oder auch an Reichweite. Ob es daran liegt, dass es für die Hersteller praktisch ist, den Elektroantrieb einfach zusätzlich in bestehende Modelle einzubauen? Jedenfalls entstehen auf diese Weise geringere Produktionskosten im Vergleich zu Elektroautos und die Plug-ins können mit mehr Gewinn verkauft werden.

Auffällig oft sind diese Hybride in SUV-Varianten erhältlich. Autos, die sowieso schon mit hohem Fahrzeuggewicht daher fahren, werden durch das hinzukommende Gewicht von Elektromotor und Batterie noch schwerer. Auto Motor & Sport hat einen Plug-in-SUVs genauer unter die Lupe genommen. Auch hier stößt man auf abweichende CO2-Werte. Der vom Hersteller angegebene Verbrauch von 2,0 l/100 km kam im Testergebnis nicht hin. Hier waren es 9,7 l/100 km. Der angegebene CO2-Wert verändert sich dadurch von 46 g pro Kilometer auf tatsächliche 226 g/km. Allerdings finden sich auch hier Hinweise zum Lade- bzw. Fahrverhalten wieder. Würde man den SUV alle 30 bis 40 km für ein, zwei Stunden aufladen, so würde man mit nahezu unmerklichem Benzinverbrauch fahren. Das andere Extrem würde sich bei Tempoliebhabern zeigen: Da können schon 12 l auf 100 km zusammenkommen. Die Zeitschrift bringt es dann ganz gut auf den Punkt: „Auf die klassische Frage, „was er denn so schluckt“, gibt es gibt so viele Antworten, wie es Fahrprofile gibt, unendlich viele also.“

Da stellt sich die Frage, ob es den Herstellern um Sparsamkeit geht oder eventuell doch um Coolness und Leistung. Die Antwort darauf können sie wohl nur selbst geben. Aber da ist ja noch die Sache mit dem Flottengrenzwert.

 

Ziemlich Grenzwertig – CO2-Limits und fantasievolle Messungen

Das muss man nämlich auch wissen: Die EU hat einen Flottengrenzwert festgelegt. Dabei handelt es sich um einen europäischen CO2-Grenzwert, der zum Klimaschutz beitragen und die Emissionen im Verkehr reduzieren soll. Dieses Limit gilt für den Durchschnitt aller neu zugelassenen Fahrzeuge (PKWs und leichte Nutzfahrzeuge) in der EU und liegt bei 95 g CO2 pro Kilometer. D. h. nicht jedes einzelne neue Auto muss diesen Grenzwert einhalten.

Allerdings müssen sich die Autohersteller bei der Produktion an das Limit halten. Falls sie das nicht tun, sollten sie sich auf Strafzahlungen von mehreren Milliarden Euro einstellen. Die festgelegte Strafe pro Auto liegt bei pauschal 95,00 EUR für ein Gramm CO2-Überschreitung.

Die niedrigen CO2-Emissionen auf dem Papier kommen der Autoindustrie äußerst gelegen. Sie bringen mehr Elektrofahrzeuge auf den Markt, um den eigenen Flottenwert zu drücken und Strafzahlungen zu entgehen. Dabei ist es möglich, teilelektrische und rein elektrische Fahrzeuge gleich mehrfach in der Gesamtbilanz anzurechnen. Verkaufen die Hersteller relativ wenig Elektroautos und Plug-ins, reicht das, um den Flottenwert zu verbessern. Dies soll ihnen einen Anreiz geben, solche Fahrzeuge verstärkt zu produzieren.

Um zu ermitteln, ob ein Auto die Grenzwerte für Abgase einhält und wie viel Kraftstoff es verbraucht, gelten genormte Prüfverfahren, die vom Gesetzgeber vorgeschrieben sind – und die viel Spielraum für Fantasie geben. Deswegen weisen Plug-ins laut Herstellerangaben einen niedrigen Verbrauch und CO2-Wert auf. Doch die Messungen sind fragwürdig und erfolgen im Labor zweimal: Zunächst mit einer vollen Batterie, anschließend mit einer leeren. Heraus kommen zwei verschiedene Verbrauchswerte. Diese werden wiederum auf Grundlage der elektrischen Reichweite anders gewichtet. Der Gesetzgeber nimmt an, dass ein Plug-in, dessen Batterie mehr Kapazität aufweist, öfter elektrisch unterwegs ist und hat dafür noch zusätzliche Faktoren definiert. Klingt kompliziert? Ist es auch. So sehr, dass die Autokonzerne Fachabteilungen allein für die Berechnungen einsetzen.

Wenig hilfreich ist dabei die Pauschalisierung: Bestimmte Arten von Kraftstoffen oder Antrieben werden als ausschließlich positiv oder negativ gewertet. Motorleistung, Gewicht und Größe bleiben in den Berechnungen unberücksichtigt. So wird beispielsweise nicht differenziert, ob es sich um einen sportlichen Kleinwagen oder schweren SUV handelt. Hier wäre es angebracht, die Berechnungen zu optimieren. Etwa wie in Japan, wo die sogenannten Kei Cars bestimmte Längen- und Breitenmaße sowie PS-Zahlen nicht überschreiten dürfen.

Dieses Berechnungs-Chaos kritisiert die Deutsche Umwelthilfe und fordert, die tatsächlichen Emissionen eines Fahrzeugs als Grundlage dafür zu nehmen, die Klimafreundlichkeit zu bewerten.

Auch hinsichtlich der Förderungen wäre es ratsam, diese nicht an die Umweltfreundlichkeit auf dem Papier zu koppeln, sondern an das Nutzungsverhalten im Alltag. Das findet auch Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des Umweltverbandes VCD und sagt: „Nur wer regelmäßig lädt, hat ein Recht auf den Zuschuss.“ Seine Idee dazu: bei der Hauptuntersuchung den Bordcomputer auszulesen.

Sind Plug-ins denn nun klimafreundlich oder Mogel-Mobile? Kommt drauf an. Man kann dieser „Brückentechnologie“ mit gesunder Kritik begegnen und hat man eines dieser Fahrzeuge, sollte es auf jeden Fall in der richtigen Weise benutzt werden. Man fährt nicht grün, bloß weil ein elektrischer Motor an Bord ist. Das wäre ja so, als würde man immer neue Plastik-Zahnbürsten in seinen Bambus-Becher stellen und davon ausgehen, so den Badezimmer-Müll zu reduzieren.

Die richtigen Dinge müssen in der richtigen Weise genutzt werden – das wäre klimafreundlich. Vielleicht erkennen das Hersteller und Gesetzgeber ja auch noch.

 

Quellen:

bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Luft/zusammenfassung_co2_flottengrenzwerte.pdf

transportenvironment.org/press/potenziell-neuer-emissionsskandal-plug-hybride-nachweislich-umweltsch%C3%A4dlicher-als-behauptet

www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/autokatalog/marken-modelle/auto/plug-in-hybrid/

www.zeit.de/mobilitaet/2019-08/verkehrswende-hybridautos-elektromotor-nachhaltigkeit-umweltschutz

bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/mobilitaet/mobilitaet_plug-in-hybride_fakten.pdf

auto-motor-und-sport.de/test/audi-q5-55-tfsi-e-quattro-mercedes-glc-300-e-4matic/

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