13KGHT73 Ernährung mit Stil – gesund und ökologisch
Ernährung mit Stil – gesund und ökologisch

Ernährung mit Stil – gesund und ökologisch

Der Artikel kann Spuren von Ausgeglichenheit enthalten und ist nicht vegan

 

Essen oder nicht essen – das ist hier die Frage. Eine, die inzwischen gar nicht so leicht zu beantworten scheint. So gilt beispielsweise der Verzicht auf Fleisch als die ökologischste Art der Ernährung und soll zudem am gesündesten sein. Hingegen schließt die Empfehlung einer gesunden Ernährungsweise den Verzehr von ein wenig Fleisch und Fisch mit ein. Nicht verwunderlich, dass da Verwirrung aufkommt. Sollen wir jetzt gesund essen oder ökologisch korrekt? Und wie sähe letzteres überhaupt aus?

 

Werfen wir einen kurzen Blick auf die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE): Sie rät, drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst am Tag zu essen und sich bei Getreideprodukten an die Vollkornvariante zu halten. Tierische Produkte ergänzen die Auswahl. Milch und Produkte daraus, wie Käse und Jogurt, sollten täglich zu sich genommen werden, um den Körper mit Vitamin B2, Calcium und Proteinen zu versorgen und so die Knochengesundheit zu unterstützen. Außerdem verringern sie das Risiko für Dickdarmkrebs und 150 g Kefir, Jogurt oder Buttermilch täglich senken das Risiko für Typ 2-Diabetes.

Ein- bis zweimal pro Woche sollte Fisch auf den Tisch kommen, denn er enthält Omega-3-Fettsäuren (Fetter Fisch) und Jod (Seefisch). Letzteres ist wichtig für die Schilddrüsenhormone. Wenn es Fleischprodukte gibt, empfiehlt die DGE eine Menge von 300 g bis 600 g wöchentlich nicht zu überschreiten (je nach Kalorienbedarf eines Erwachsenen), so bekommt der Körper Eisen, Zink und Selen.

Weiter heißt es in der Empfehlung: „Nur tierische Lebensmittel enthalten in nennenswerten Mengen verfügbares Vitamin B12. Wer wenig oder gar keine tierischen Lebensmittel isst, muss darauf achten, Vitamin B12 zusätzlich einzunehmen.“ Und ein gelegentliches Ei kann den Speiseplan einer vollwertigen Ernährung abrunden.

Moment mal – mag der umweltbewusste Leser einwenden – und was ist mit der CO2-Bilanz? Tatsächlich gehen in Deutschland 20 % des Energieverbrauchs und 20 % der ausgestoßenen Treibhausgase auf die Nahrungsmittelproduktion zurück. Von der Erzeugung über Transport und Lagerung bis hin zur Entsorgung fließt alles in die Ökobilanz der Lebensmittel mit ein. Laut dem bayrischen Verbraucherschutzministerium könnte ein bewusster Konsum diese Belastungen um bis zu 50 % reduzieren. Eine ökologisch bewusste Ernährung ist also wichtig, denn so, wie die Nahrungsmittel hergestellt werden, wird die Gesundheit des Menschen genauso beeinflusst, wie die des Planeten. Abgesehen von den Treibhausgas-Emissionen trägt die Produktion von Lebensmitteln zum Verlust der biologischen Vielfalt bei und verursacht 70 % des Verbrauchs von Frischwasser.

Nur scheint es nicht ganz so einfach, den richtigen Ernährungsstil zu finden. Eine Zeitschrift bezeichnete diesen Konflikt jüngst als „Ambivalenzstress“. Ach, wenn doch nur alles so einfach wäre, wie Plastikprodukte durch Alternativen von bambusliebe zu ersetzen. 

 

Nicht weniger kompliziert wird die Ernährungsfrage durch die wachsende Weltbevölkerung. Auch unter diesem Aspekt könnte unser jetziger Ernährungsstil mit der Zeit problematisch werden. Denn um eine sichere Ernährung aller Menschen zu gewährleisten, reichen die verfügbaren landwirtschaftlichen Flächen auf Dauer nicht aus. Forscher von sechs US-Universitäten erstellten ein Simulationsmodell, das auf den Daten aus den USA basiert. Sie untersuchten, welcher Ernährungsstil der nachhaltigste ist und die Zukunft der Menschheit sichert und kamen zu dem Schluss, dass nur dann mehr Menschen von den begrenzten Möglichkeiten leben können, wenn wir künftig mehr Produkte nutzen, die mit weniger Anbaufläche auskommen.

In dieser Simulation wurden zehn unterschiedliche Ernährungsmodelle miteinander verglichen, darunter auch das mit Fleischverzehr, das vegane und das vegetarische Modell. Interessanterweise landete der Veganismus nur im mittleren Bereich, da durch ihn zu viele Flächen ungenutzt bleiben; verschiedene Lebensmittel benötigen eben auch verschiedene Arten Nutzfläche. So kann auf Weideland beispielsweise oft nichts anderes angebaut werden, weil die Beschaffung des Bodens es nicht möglich macht.

Dennoch können mehr Menschen von den bestehenden Anbauflächen leben, wenn auf tierische Produkte weitgehend verzichtet wird. Am nachhaltigsten sollen gemäß der Studie vegetarische Diäten und zwei Arten der Mischernährung mit geringen Mengen Fleisch sein. But the Winner is ... die lakto-vegetarische Ernährung (d. h. pflanzliche Kost, ergänzt durch Milch, Käse und Honig). In ihr sehen die Forscher die besten Chancen, die ganze Menschheit zu ernähren. Zwar gelten diese Erkenntnisse nur für die amerikanischen Bedingungen, jedoch können sie als Basis für vergleichbare Rechnungen für andere Teile der Welt dienen.

Interessant ist auch der Bericht Planetary Health Diet, den die Eat-Lancet-Kommission Anfang 2019 veröffentlicht hat. Diese Kommission ist ein Zusammenschluss der „The EAT“, einer privat finanzierten Ernährungs- und Umweltschutzorganisation, und der „The Lancet“, einer medizinischen Fachzeitschrift. Zu ihr zählen ExpertInnen aus den Bereichen Landwirtschaft, Ernährung, Ökologie, Wirtschaft und Politikwissenschaft aus 16 Ländern. Im Fokus dieses Berichts stehen zwei Punkte: Verbrauch (gesunde Ernährung) und Produktion (nachhaltige Lebensmittelproduktion). Das entwickelte Ernährungskonzept soll dazu beisteuern, die UN Sustainable Development Goals als auch die Ziele des Pariser Klimaabkommen zu erreichen und stellt eine Art globaler Ernährungsplan dar.

Laut diesem wäre der Verzehr von 14 g rotem Fleisch (oder 29 g von hellem) pro Tag nachhaltig. Sollen wir uns jetzt also über eine mikroskopisch kleine Menge mit dem Besteck aus der Puppenstube hermachen? Nein. Dies ist einer von vielen errechneten Werten, welche die Kommission in drei Jahre langer Forschung erarbeitet hat. Weiter umfasst der Ernährungsplan 500 g Gemüse und Obst, 28 g Fisch, 250 g Milch(-produkte), 232 g Getreide, 75 g Hülsenfrüchte und 50 g Nüsse. Diese maximalen Gewichtsangaben dürfen täglich gegessen werden, damit alle ernährt werden können und unser Planet geschützt wird. Auch soll dieser Plan einen Ausgleich schaffen zwischen den über zwei Milliarden Menschen mit Übergewicht und den 800 Mio. die nicht genug zu essen haben (oder die drei Mrd. die fehlernährt sind).

Halten wir fest: Das, was auf unseren Tellern landet, muss sich genauso verändern, wie die Systeme der Landwirtschaft. So müsste sich der Verzehr von Zucker und rotem Fleisch weltweit um die Hälfte halbieren. Tim Lang von der University of London sagt: „Was wir essen und wie wir es produzieren, entscheidet über die Gesundheit der Menschen und des Planeten. Und wir machen gerade einen ernsthaften Fehler.“ 

 

Essen mit Köpfchen

Da stehe ich nun, mitten auf dem Wochenmarkt mit meinem Stoffbeutel aus Bio-Baumwolle, trage stolz den Schriftzug „Back to the Roots“ und bin leicht verwirrt. Ist Essen jetzt eher eine mathematische Gleichung als ein Genuss? Nein. Nur eine Sache des Nachdenkens.

Ein Vergleich zwischen der Umweltbelastung durch Lebensmittel und der klassischen Ernährungs-Pyramide zeigt, dass gerade die Nahrungsmittel die kleinste Umweltbelastung aufweisen, die auch am häufigsten gegessen werden sollten und die am gesündesten sind.

Wer mit Köpfchen einkaufen geht, kauft dann keine Erdbeeren im Februar, lieber Gemüse statt Kleidung nach Saison und vielleicht öfter mal beim (Bio-)Bauern aus dem Nachbarort, weil das am umweltfreundlichsten und gesündesten ist. Und wenn die Lust auf Fleisch da ist, holt man das am besten auch gleich dort – ebenfalls nach dem Motto „Back to the Roots“. Das Essensmodell unserer Großeltern enthielt nämlich meist nur für sonntags einen guten Braten. Diese bewusste und kontrollierte Art des Genießens erlaubt zudem, einen angemessenen Preis dafür zu bezahlen. Denn wie der NABU es auf den Punkt bringt: „Qualität und Tierschutz gibt es nicht zu Dumpingpreisen.“

Wer sich bewusst dem Thema „Essen“ zuwendet, wird feststellen, dass die Empfehlungen für gesund und nachhaltig eigentlich schon dicht beieinander liegen. Übrigens berücksichtigen auch die Ernährungsregeln der DGE die Aspekte Umwelt, Tier und Mensch. Wir müssen uns also gar nicht entscheiden, sondern nur aufmerksam sein. Fragen wir uns: Wo kommt mein Essen her? Unter welchen Bedingungen wurde es hergestellt und von wem? Wie wurde es verpackt und transportiert? Und wie kann ich Verschwendung vermeiden?

Bei so einem bewussten Umgang mit der Ernährung muss auch der Genuss nicht auf der Strecke bleiben. „Sich nachhaltig zu ernähren und dabei Umwelt, Mensch und Tier zu respektieren, schließt den guten Geschmack nicht aus“, heißt es auch auf der Homepage der Initiative IN FORM. Wenn wir mit Freude und Genuss essen und trinken, ist das eine gute Voraussetzung dafür, die Essgewohnheiten dauerhaft umzustellen. Und dann brauchen wir auch keine Gramm-Einheiten mitzählen, sondern vielleicht nur die Einteilung von „viel“ und „wenig“ berücksichtigen, die der Ernährungswissenschaftler Karl von Koerber mit seiner Arbeitsgruppe schon 2004 in seinen „Grundsätze für eine nachhaltige Ernährung" aufgestellt hat. Diese lauten auszugsweise:

Viel:

  • selbst kochen für und mit der Familie. Das fördert vor allem die Wertschätzung für Lebensmittel, da man sich damit auseinandersetzen muss.
  • mit frischen Produkten arbeiten. Tiefgekühlte Produkte verbrauchen bei der Herstellung und Lagerung viel Energie.
  • Gemüse und Obst aus der Region und nach Saison kaufen
  • Fisch aus nachhaltig betriebener Aquakultur essen (auf entsprechende Logos achten wie MSC, ASC, FOTS, GLOBALG.A.P, Dolphin Safe)
  • Lebensmittel ohne oder mit möglichst wenig Verpackung kaufen. Gemüse, Obst und Kartoffeln kommen oft ohne Verpackung aus.

Wenig:

  • Fleisch und Fleischerzeugnisse essen.
  • Lebensmittel wegwerfen. Gezielter einkaufen oder Reste sinnvoll verwenden. In Deutschland werden im Jahr pro Haushalt ca. 80 Kilogramm Lebensmittel weggeworfen.
  • Einweg- und Kleinstverpackungen benutzen
  • stark verarbeitete Lebensmittel und Fertigprodukte konsumieren
  • Plastiktüten verwenden. Stattdessen auf Stofftaschen oder Einkaufskörbe zurückgreifen.

 

Wer also viel pflanzliche Produkte isst und Lebensmittel, die fair hergestellt und wenig verarbeitet wurden, beeinflusst die Umwelt positiv und braucht sich die Kuhmilch im Kaffee oder das Steak in der Pfanne nicht verkneifen. Essen oder nicht essen? Diese Frage beantwortet besser jeder nach seinem Gusto – und besorgt die Zutaten fürs nächste Gericht dann auf dem Wochenmarkt.

 


Quellen:

https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/

https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2019-01/nachhaltige-ernaehrung-planetary-health-diet-gesundheit-klimaschutz

https://www.in-form.de/wissen/nachhaltig-und-gesund-essen/

https://www.elementascience.org/articles/10.12952/journal.elementa.000116/

https://eatforum.org/eat-lancet-commission/

Der Artikel kann Spuren von Ausgeglichenheit enthalten und ist nicht vegan

 

Essen oder nicht essen – das ist hier die Frage. Eine, die inzwischen gar nicht so leicht zu beantworten scheint. So gilt beispielsweise der Verzicht auf Fleisch als die ökologischste Art der Ernährung und soll zudem am gesündesten sein. Hingegen schließt die Empfehlung einer gesunden Ernährungsweise den Verzehr von ein wenig Fleisch und Fisch mit ein. Nicht verwunderlich, dass da Verwirrung aufkommt. Sollen wir jetzt gesund essen oder ökologisch korrekt? Und wie sähe letzteres überhaupt aus?

 

Werfen wir einen kurzen Blick auf die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE): Sie rät, drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst am Tag zu essen und sich bei Getreideprodukten an die Vollkornvariante zu halten. Tierische Produkte ergänzen die Auswahl. Milch und Produkte daraus, wie Käse und Jogurt, sollten täglich zu sich genommen werden, um den Körper mit Vitamin B2, Calcium und Proteinen zu versorgen und so die Knochengesundheit zu unterstützen. Außerdem verringern sie das Risiko für Dickdarmkrebs und 150 g Kefir, Jogurt oder Buttermilch täglich senken das Risiko für Typ 2-Diabetes.

Ein- bis zweimal pro Woche sollte Fisch auf den Tisch kommen, denn er enthält Omega-3-Fettsäuren (Fetter Fisch) und Jod (Seefisch). Letzteres ist wichtig für die Schilddrüsenhormone. Wenn es Fleischprodukte gibt, empfiehlt die DGE eine Menge von 300 g bis 600 g wöchentlich nicht zu überschreiten (je nach Kalorienbedarf eines Erwachsenen), so bekommt der Körper Eisen, Zink und Selen.

Weiter heißt es in der Empfehlung: „Nur tierische Lebensmittel enthalten in nennenswerten Mengen verfügbares Vitamin B12. Wer wenig oder gar keine tierischen Lebensmittel isst, muss darauf achten, Vitamin B12 zusätzlich einzunehmen.“ Und ein gelegentliches Ei kann den Speiseplan einer vollwertigen Ernährung abrunden.

Moment mal – mag der umweltbewusste Leser einwenden – und was ist mit der CO2-Bilanz? Tatsächlich gehen in Deutschland 20 % des Energieverbrauchs und 20 % der ausgestoßenen Treibhausgase auf die Nahrungsmittelproduktion zurück. Von der Erzeugung über Transport und Lagerung bis hin zur Entsorgung fließt alles in die Ökobilanz der Lebensmittel mit ein. Laut dem bayrischen Verbraucherschutzministerium könnte ein bewusster Konsum diese Belastungen um bis zu 50 % reduzieren. Eine ökologisch bewusste Ernährung ist also wichtig, denn so, wie die Nahrungsmittel hergestellt werden, wird die Gesundheit des Menschen genauso beeinflusst, wie die des Planeten. Abgesehen von den Treibhausgas-Emissionen trägt die Produktion von Lebensmitteln zum Verlust der biologischen Vielfalt bei und verursacht 70 % des Verbrauchs von Frischwasser.

Nur scheint es nicht ganz so einfach, den richtigen Ernährungsstil zu finden. Eine Zeitschrift bezeichnete diesen Konflikt jüngst als „Ambivalenzstress“. Ach, wenn doch nur alles so einfach wäre, wie Plastikprodukte durch Alternativen von bambusliebe zu ersetzen. 

 

Nicht weniger kompliziert wird die Ernährungsfrage durch die wachsende Weltbevölkerung. Auch unter diesem Aspekt könnte unser jetziger Ernährungsstil mit der Zeit problematisch werden. Denn um eine sichere Ernährung aller Menschen zu gewährleisten, reichen die verfügbaren landwirtschaftlichen Flächen auf Dauer nicht aus. Forscher von sechs US-Universitäten erstellten ein Simulationsmodell, das auf den Daten aus den USA basiert. Sie untersuchten, welcher Ernährungsstil der nachhaltigste ist und die Zukunft der Menschheit sichert und kamen zu dem Schluss, dass nur dann mehr Menschen von den begrenzten Möglichkeiten leben können, wenn wir künftig mehr Produkte nutzen, die mit weniger Anbaufläche auskommen.

In dieser Simulation wurden zehn unterschiedliche Ernährungsmodelle miteinander verglichen, darunter auch das mit Fleischverzehr, das vegane und das vegetarische Modell. Interessanterweise landete der Veganismus nur im mittleren Bereich, da durch ihn zu viele Flächen ungenutzt bleiben; verschiedene Lebensmittel benötigen eben auch verschiedene Arten Nutzfläche. So kann auf Weideland beispielsweise oft nichts anderes angebaut werden, weil die Beschaffung des Bodens es nicht möglich macht.

Dennoch können mehr Menschen von den bestehenden Anbauflächen leben, wenn auf tierische Produkte weitgehend verzichtet wird. Am nachhaltigsten sollen gemäß der Studie vegetarische Diäten und zwei Arten der Mischernährung mit geringen Mengen Fleisch sein. But the Winner is ... die lakto-vegetarische Ernährung (d. h. pflanzliche Kost, ergänzt durch Milch, Käse und Honig). In ihr sehen die Forscher die besten Chancen, die ganze Menschheit zu ernähren. Zwar gelten diese Erkenntnisse nur für die amerikanischen Bedingungen, jedoch können sie als Basis für vergleichbare Rechnungen für andere Teile der Welt dienen.

Interessant ist auch der Bericht Planetary Health Diet, den die Eat-Lancet-Kommission Anfang 2019 veröffentlicht hat. Diese Kommission ist ein Zusammenschluss der „The EAT“, einer privat finanzierten Ernährungs- und Umweltschutzorganisation, und der „The Lancet“, einer medizinischen Fachzeitschrift. Zu ihr zählen ExpertInnen aus den Bereichen Landwirtschaft, Ernährung, Ökologie, Wirtschaft und Politikwissenschaft aus 16 Ländern. Im Fokus dieses Berichts stehen zwei Punkte: Verbrauch (gesunde Ernährung) und Produktion (nachhaltige Lebensmittelproduktion). Das entwickelte Ernährungskonzept soll dazu beisteuern, die UN Sustainable Development Goals als auch die Ziele des Pariser Klimaabkommen zu erreichen und stellt eine Art globaler Ernährungsplan dar.

Laut diesem wäre der Verzehr von 14 g rotem Fleisch (oder 29 g von hellem) pro Tag nachhaltig. Sollen wir uns jetzt also über eine mikroskopisch kleine Menge mit dem Besteck aus der Puppenstube hermachen? Nein. Dies ist einer von vielen errechneten Werten, welche die Kommission in drei Jahre langer Forschung erarbeitet hat. Weiter umfasst der Ernährungsplan 500 g Gemüse und Obst, 28 g Fisch, 250 g Milch(-produkte), 232 g Getreide, 75 g Hülsenfrüchte und 50 g Nüsse. Diese maximalen Gewichtsangaben dürfen täglich gegessen werden, damit alle ernährt werden können und unser Planet geschützt wird. Auch soll dieser Plan einen Ausgleich schaffen zwischen den über zwei Milliarden Menschen mit Übergewicht und den 800 Mio. die nicht genug zu essen haben (oder die drei Mrd. die fehlernährt sind).

Halten wir fest: Das, was auf unseren Tellern landet, muss sich genauso verändern, wie die Systeme der Landwirtschaft. So müsste sich der Verzehr von Zucker und rotem Fleisch weltweit um die Hälfte halbieren. Tim Lang von der University of London sagt: „Was wir essen und wie wir es produzieren, entscheidet über die Gesundheit der Menschen und des Planeten. Und wir machen gerade einen ernsthaften Fehler.“ 

 

Essen mit Köpfchen

Da stehe ich nun, mitten auf dem Wochenmarkt mit meinem Stoffbeutel aus Bio-Baumwolle, trage stolz den Schriftzug „Back to the Roots“ und bin leicht verwirrt. Ist Essen jetzt eher eine mathematische Gleichung als ein Genuss? Nein. Nur eine Sache des Nachdenkens.

Ein Vergleich zwischen der Umweltbelastung durch Lebensmittel und der klassischen Ernährungs-Pyramide zeigt, dass gerade die Nahrungsmittel die kleinste Umweltbelastung aufweisen, die auch am häufigsten gegessen werden sollten und die am gesündesten sind.

Wer mit Köpfchen einkaufen geht, kauft dann keine Erdbeeren im Februar, lieber Gemüse statt Kleidung nach Saison und vielleicht öfter mal beim (Bio-)Bauern aus dem Nachbarort, weil das am umweltfreundlichsten und gesündesten ist. Und wenn die Lust auf Fleisch da ist, holt man das am besten auch gleich dort – ebenfalls nach dem Motto „Back to the Roots“. Das Essensmodell unserer Großeltern enthielt nämlich meist nur für sonntags einen guten Braten. Diese bewusste und kontrollierte Art des Genießens erlaubt zudem, einen angemessenen Preis dafür zu bezahlen. Denn wie der NABU es auf den Punkt bringt: „Qualität und Tierschutz gibt es nicht zu Dumpingpreisen.“

Wer sich bewusst dem Thema „Essen“ zuwendet, wird feststellen, dass die Empfehlungen für gesund und nachhaltig eigentlich schon dicht beieinander liegen. Übrigens berücksichtigen auch die Ernährungsregeln der DGE die Aspekte Umwelt, Tier und Mensch. Wir müssen uns also gar nicht entscheiden, sondern nur aufmerksam sein. Fragen wir uns: Wo kommt mein Essen her? Unter welchen Bedingungen wurde es hergestellt und von wem? Wie wurde es verpackt und transportiert? Und wie kann ich Verschwendung vermeiden?

Bei so einem bewussten Umgang mit der Ernährung muss auch der Genuss nicht auf der Strecke bleiben. „Sich nachhaltig zu ernähren und dabei Umwelt, Mensch und Tier zu respektieren, schließt den guten Geschmack nicht aus“, heißt es auch auf der Homepage der Initiative IN FORM. Wenn wir mit Freude und Genuss essen und trinken, ist das eine gute Voraussetzung dafür, die Essgewohnheiten dauerhaft umzustellen. Und dann brauchen wir auch keine Gramm-Einheiten mitzählen, sondern vielleicht nur die Einteilung von „viel“ und „wenig“ berücksichtigen, die der Ernährungswissenschaftler Karl von Koerber mit seiner Arbeitsgruppe schon 2004 in seinen „Grundsätze für eine nachhaltige Ernährung" aufgestellt hat. Diese lauten auszugsweise:

Viel:

  • selbst kochen für und mit der Familie. Das fördert vor allem die Wertschätzung für Lebensmittel, da man sich damit auseinandersetzen muss.
  • mit frischen Produkten arbeiten. Tiefgekühlte Produkte verbrauchen bei der Herstellung und Lagerung viel Energie.
  • Gemüse und Obst aus der Region und nach Saison kaufen
  • Fisch aus nachhaltig betriebener Aquakultur essen (auf entsprechende Logos achten wie MSC, ASC, FOTS, GLOBALG.A.P, Dolphin Safe)
  • Lebensmittel ohne oder mit möglichst wenig Verpackung kaufen. Gemüse, Obst und Kartoffeln kommen oft ohne Verpackung aus.

Wenig:

  • Fleisch und Fleischerzeugnisse essen.
  • Lebensmittel wegwerfen. Gezielter einkaufen oder Reste sinnvoll verwenden. In Deutschland werden im Jahr pro Haushalt ca. 80 Kilogramm Lebensmittel weggeworfen.
  • Einweg- und Kleinstverpackungen benutzen
  • stark verarbeitete Lebensmittel und Fertigprodukte konsumieren
  • Plastiktüten verwenden. Stattdessen auf Stofftaschen oder Einkaufskörbe zurückgreifen.

 

Wer also viel pflanzliche Produkte isst und Lebensmittel, die fair hergestellt und wenig verarbeitet wurden, beeinflusst die Umwelt positiv und braucht sich die Kuhmilch im Kaffee oder das Steak in der Pfanne nicht verkneifen. Essen oder nicht essen? Diese Frage beantwortet besser jeder nach seinem Gusto – und besorgt die Zutaten fürs nächste Gericht dann auf dem Wochenmarkt.

 


Quellen:

https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/

https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2019-01/nachhaltige-ernaehrung-planetary-health-diet-gesundheit-klimaschutz

https://www.in-form.de/wissen/nachhaltig-und-gesund-essen/

https://www.elementascience.org/articles/10.12952/journal.elementa.000116/

https://eatforum.org/eat-lancet-commission/

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